Dienstag, 24. Oktober 2017

Von I nach Nienburg... (Radwandern)

Letztes Wochenende waren wir in Nienburg bei Freunden. Und da das Wetter nochmal richtig gen "goldener Herbst" ausschlagen sollte, kam ich schnell auf die Idee, dass ich da auch mit dem Rad hinfahren könnte.

Nach einigem Hickhack mit der Garmin Basecamp Software und dem Ausprobieren von anderen Routenplanern (Google, Gpsies, Naviki) hätte ich alles beinahe nochmal hin geschmissen. Fazit: Naviki ist recht gut, beinhaltet für die App allerdings In-App Käufe. Um den kürzesten Weg auf Radwegen zu finden, ist es geeignet. Für gpsies war ich offenbar zu doof, da konnte ich nicht mal eine Route erstellen und die Garmin Software-Bedienung ist für den Preis einfach mal eine bodenlose Frechheit. Wenn man zusätzlich zu dem vielen Geld für Gerät, Software und Kartenmaterial aber noch viele Stunden Gewurschtel reinsteckt, kriegt man am Ende auch eine vernünftige Route raus.

Donnerstag morgen waren Mann und Kinder auf Arbeit, KiGa und Schule verteilt und ich hatte noch etwas Zeit zum Packen, Brote schmieren, Kette schmieren, zig Mal auf's Klo rennen und eine kleine Haushaltsrunde.

Ganz wichtig für längeres Radeln: die feine Balance zwischen "Gewicht sparen" und "muss unbedingt mit".

Meine Packliste sah dann so aus:

Regenhose (naja, die muss auf jeden Fall mit, meine lag dann doch trocken im Schrank, ups)
Regenjacke
dickere, enge Fleecejacke als zusätzliche Schicht
Handschuhe
Multifunktionstuch
Stirnband, dünn
Handschuhe
Strumpfhose, langes Shirt, Wechselunterwäsche
Ladekabel
Minipackung Deo, Linsenmittel, Linsenbehälter, Zahnbürste
Taschentücher
Wasser (0,75l und 1,5l)
Brote
Dose mit Tomaten und Möhren
Müsliriegel

Dazu meine Radelklamotten: Lauftight, dicke Sportsocken, Unter-Tshirt, dickeres LA-Shirt, ganz dünne Windjacke.
Bei ca. 20°C und richtig tollem Sonnenwetter war das genau richtig.


Etappe 1 – von I nach Hemmingen-Westerfeld (ca. 85km)

Gegen 11:00 trudelte der beste Freund ein, der die Tour mit mir zusammen radeln würde. Schnell nochmal alles durchgegangen, Räder gecheckt, das übliche Selfie und um 11:30 ging es dann los.

Die Routenplanung lief schon nach 2 km entgegen meiner Ortskenntnis. Und so bleiben wir noch vor dem nächsten Ort stehen, um Garmin, Naviki und meine „so würde ich aber fahren“-Route abzugleichen. Am Ende entschieden wir uns für die direkteste Strecke, die über einen ziemlich blöden Berg führt. Aber von nix kommt nix, und so hechelte ich mich den ersten Berg rauf.
Das Garmin versuchte derweil die Strecke neu zu berechnen – was sich über die ersten 1,5 h und etwa 15 km hinzog und auch kein so tolles Ergebnis brachte.

Wegen der merkwürdigen Routenplanung kamen wir anfangs nur sehr langsam voran und kurz zuckte der Gedanke in mir auf, ob die Strecke dann überhaupt heute noch zu schaffen wäre.



Schließlich landeten wir aber auf dem Leine-Heide-Radweg, der uns laut Naviki fast die geplante Strecke entlang führen sollte, nur eben großteils abseits der großen Straßen. Sehr schön.

Der Leine-Heide-Radweg ist sehr – nun ja – divers. Von asphaltierten Radwegen bis hin zu kleinen Waldpfaden mit herausragenden Wackersteinen ist jede Nuance vertreten. Ich würde mal sagen, Rennradfahrer würden einige Teiletappen ihr Rad lieber tragen. Im Großen und Ganzen ist der Weg aber relativ gut ausgeschildert und befahrbar.

Da wird quer durch Alfeld radeln, bietet sich dort eine Pause an. Wir hoffen auf einen Eisladen, aber die Eisdiele hat Ende Oktober bereits geschlossen. Sehr schade. Dafür finden wir kurz hinter Alfeld einen schönen Rastplatz direkt an der Leine. Dort machen wir eine längere Brotzeit. Danach geht die weitere Etappe Richtung Gronau und juche – der Eisladen dort hat geöffnet. Wir machen daher kurz nach dem Mittag noch eine Eispause.




Gut gestärkt radeln wir weiter. Der Weg führt durch Nordstemmen, an Schloss Marienburg vorbei und weiter Richtung Pattensen. Kurz vor Pattensen wird die Wegführung noch einmal etwas undurchsichtig und merkwürdig. Schlussendlich fahren wir ein Stück „nach Gefühl“. Es beginnt auch zu dämmern und verwundert stelle ich fest, dass mein vorderes Licht nicht geht. Es stellt sich heraus, dass der dazugehörige Akku noch immer an meinem PC steckt und lädt. Tja nun.



Die restlichen Kilometer bis Hemmingen, dem Ziel der ersten Etappe, schaffen wir aber gerade noch mit genug Restlicht.
Hämmernde Kopfschmerzen (wahrscheinlich über den Tag doch viel zu wenig getrunken) veranlassen mich zu einem kurzen Stopp an einer Apotheke. Ein paar Minuten später, (gegen 18:30) checken wir ins Hotel in Hemmingen-Westerfeld ein, schließen die Räder so gut es geht an und beziehen das Zimmer. Endlich duschen!

Eine halbe Stunde später sind wir einigermaßen erfrischt und müde, aber vor allem hungrig. Zum Glück gibt es eine Straße weiter ein nettes griechisches Restaurant, in das wir einkehren.
Viel zu vollgefuttert schlafe ich später im Hotel praktisch sofort ein. Der Tag war wunderbar, aber nach sieben Stunden unterwegs, von denen wir etwas unter 6 h geradelt sind, fordert der Körper doch Tribut.


Etappe 2 – von Hemmingen nach Nienburg (Weser)

Nach einem schönen Frühstück im Hotel packen wir unsere Siebensachen und machen uns auf zur zweiten Etappe. Wir hatten aus Motivationsgründen beschlossen, die erste Etappe länger, als die zweite zu wählen. So liegen heute noch etwa 65 km vor uns, denn wir wählen den Weg mit kleinem Schwenker über das Steinhuder Meer.
Leider nieselt es bereits, als wir uns auf die Räder schwingen. Die ersten Kilometer bis Garbsen verlaufen auf gut ausgebauten Radwegen durch die Außenbezirke Hannovers und radeln sich schnell weg. Solange man warm bleibt, ist auch der Regen kein Problem. Ich stelle fest, dass ich meine Regenhose wohl zu Hause vergessen habe. Die Lauftight ist glücklicherweise relativ dicht gewebt und weicht nicht so schnell durch.



Hinter Garbsen und weiter Richtung Steinhuder Meer führt uns der Weg geradewegs durch die morastigen, matschigen Feld- und Waldwege mitten durch das „Tote Moor“ hindurch. Ich habe Mühe überhaupt voranzukommen und das Rad stabil zu fahren. Oft bleibt man praktisch im Moor stecken oder rutscht an großen Ästen entlang vom Weg ab. Es wird mühsam und ich merke langsam, dass heute schon der zweite Tag auf dem Rad ist.





Wenigstens klart es etwas auf und für etwa eine halbe Stunde hört es sogar auf zu regnen. Wir machen einen Minikuchenstopp im Moor (es gab mini-kleine Gugelhupf beim Check-out im Hotel). Kurz danach erreichen wir das Ufer des Steinhuder Meers. Hier hätten wir gerne eine (längere) Kaffee- und Brotpause gemacht, doch nach ein paar Minuten beginnt es wieder zu regnen. Daher beschließen wir, unsere Brote schnell im Stehen zu essen und radeln dann weiter. „Der Weg ist das Ziel“ wird abgelöst durch „das Ziel ist das Ziel“. Wir nehmen trotzdem fünf Extrakilometer Straße in Kauf, um nicht nochmal durch das Moor zu fahren zu müssen. Die lohnen sich auf jeden Fall und sind wegen der matschigen Waldwege im Moor sogar noch eine Zeitersparnis.





Zuerst geht es grob in Richtung Neustadt am Rübenberge und dann über sehr gut ausgebaute „Rübenschnellwege“ nach Schneeren, Bolsehlde und Husum. In Husum wandelt sich der Regen kurz vor Schluss auch noch in einen dicken Wasservorhang und meine Lauftight gibt dann doch auf. Ich weiche ziemlich durch. Und trotzdem wir uns mitten in der Norddeutschen Tiefebene befinden, gibt es langgezogene, leichte Steigungen, für die ich keinen passenden Gang finde. Kraft und Ausdauer lassen merklich nach. Außerdem ist mein noname-Griptape von der rechten Pedale abgeschrabbelt und ich finde mit dem rechten Fuß kaum noch genug Halt, um zu treten.

Ich riskiere einen Blick auf das Navi und bin positiv überrascht: nur noch 2km bis zum Ziel. Ein paar Kurven weiter erkenne ich auch hocherfreut den ersten Nienburger Kreisel. Wir haben es geschafft!



Sehr durchnässt kommen wir bei unseren Freunden an. Nach dem obligatorischen Geschafft!-Foto macht der beste Freund sich auf den Weg zum Hotel und ich unter die Dusche. Danach sitze ich eine Weile mit Kaffee, entspanne und „komme an“.

Das Wetter ist derweil übrigens komplett aufgeklart, die Sonne lacht. Hrmpf. Aber gut, ich habe jetzt gelernt, dass Regen nicht problematisch ist, derweil man nicht durchfriert, oder es einfach aus Kübeln gießt. Mein Mann und die Kinder trudeln nach längerem Stau mit dem Auto ein und ich werde (kurz) stürmisch begrüßt, bevor die Kinder allesamt zum Spielen verschwinden. Der beste Freund bringt auf dem Rückweg Kuchen mit und wir stärken uns am Abend mit Hamburgern und Apfelkuchen.

Fazit: Die Strecke ist wirklich schön und sicherlich auch landschaftlich noch besser, wenn man einige Kilometer mehr in Kauf nimmt. Ab und an haben wir uns für die kürzeren Strecken an Straßen entlang entschieden, statt den manchmal größeren Umwegen folgenden ausgeschilderten Radwegen zu folgen. Die Radwege in den Außenbezirken Hannovers sind gut ausgebaut und prima befahrbar. Auch dort führt der Weg, wenn möglich, durch Parks oder verkehrsberuhigte Straßen. An Hauptstraßen gab es auf dieser Strecke entweder eigene Radwege oder deutlich markierte Radspuren auf der Straße. Der Leine-Heide-Radweg ist streckenweise hervorragend ausgebaut, es gibt viele Verweilplätze mit schöner Aussicht und ab und an auch eine Schutzhütte zum Unterstellen.
Die Streckenlänge konnte ich mit einem eher moderaten Fitnesslevel sehr gut bewältigen. Alles hinter Kreiensen zeigt keine nennenswerten Steigungen mehr auf, die Kraft kosten.

Ich bin sehr froh, mir diese kleine Radwanderung zugetraut zu haben. Trotz Regen am zweiten Tag, war es ganz wunderbar, die Strecken, die man sonst nur per Auto oder Zug zurücklegt aus eigener Kraft zu radeln und die Landschaft noch einmal ganz neu zu entdecken.